Olivier Specklin, CTO, FLYING WHALES
Luftschifftests sind mit technischen und terminlichen Problemen verbunden, wie z. B. der Validierung von Funktionsketten und dem Umgang mit sich entwickelnden Zertifizierungsstandards. FLYING WHALES begegnete diesen Problemen mit ihrem Luftschiff LCA60T und integrierte Verankerungs-, Flugsteuerungs- und Nutzlastsysteme. Sie benötigten einen flexiblen Prüfstand, um sich an sich ändernde Anforderungen anzupassen und der „Featuritis“ entgegenzuwirken, was die umfassenderen Herausforderungen der Industrie in Bezug auf Risikoreduktion und Ressourcenverfügbarkeit widerspiegelt.
FLYING WHALES setzt auf System on Demand (SoD) und hat in Zusammenarbeit mit NI die Iron Whale Bench entwickelt, eine Testanlage für die Integration von Luftschiffen. Durch den modularen und anpassbaren COTS-Ansatz von SoD war FLYING WHALES in der Lage, den Testprozess in eigener Regie durchzuführen. Die Zusammenarbeit mit dem Düsseldorf Experience Center von NI ermöglichte eine rasche Entwicklung und die Fertigstellung von Iron Whale in weniger als zwei Quartalen, was die Markteinführungszeit erheblich verkürzte.
Das Konzept der Luftschiffe gewann im 18. Jahrhundert an Fahrt. Mit der Einführung von Flugmotoren in den 1850er-Jahren beschleunigte sich das Wachstum der Branche. Im Zweiten Weltkrieg wurde diese Entwicklung jedoch abrupt gestoppt. Vor diesem historischen Hintergrund der Höhen und Tiefen erlebt die Luftschifffahrt derzeit ein unglaubliches Comeback, das durch den technologischen Fortschritt und das steigende Bedürfnis nach kreativen Fortbewegungsmitteln angetrieben wird. Markttendenzen deuten auf ein wachsendes Interesse an Luftschiffen in verschiedenen Sektoren hin, von Frachttransporten über Not- und Katastrophenhilfeaktionen bis hin zu Stromerzeugung, humanitärer Hilfe, Industrie, Logistik, fliegender Pflege, Transport von Holz und Baumaterialien, Abwicklung von Fracht und übergroßen Frachtgütern, Hochhausinstallationen, Brandbekämpfung und Sondermissionen.
Um die Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistung von Luftschiffen zu gewährleisten, sind strenge und gründliche Tests erforderlich. Diese Stufe der Luftschiffentwicklung bringt besondere Herausforderungen mit sich, die spezifische Lösungen erfordern, um die Validierung wichtiger Funktionsketten zu gewährleisten und die damit verbundenen Risiken zu mindern. Die Komponenten und Systeme von Luftschiffen sind entscheidend und erfordern daher spezielle Testverfahren. Die Terminvorgaben bei Luftschifftests und die Komplexität von Luftschiffsystemen erfordern Pünktlichkeit und strenge Validierung, um Sicherheit, Zuverlässigkeit und Leistung zu gewährleisten. Eine umfassende Testlösung, die einen ganzheitlichen Ansatz zur Bewältigung sowohl technischer als auch nicht-technischer Herausforderungen wie zeitliche Einschränkungen, Veränderungsmanagement und Lebenszyklusmanagement bietet, ist unerlässlich.
Luftschifftests sind mit zahlreichen technischen und terminlichen Problemen verbunden, die sich vor allem aus der Notwendigkeit ergeben, wichtige Funktionsketten zu validieren, bevor sie in den realen Betrieb integriert werden können. Darüber hinaus stoßen die Kunden auf erhebliche Hindernisse im Zusammenhang mit der Risikoreduktion, dem Zugang zu geeigneten Testeinrichtungen, der Erleichterung von Testverfahren sowie der Verfügbarkeit erforderlicher Ressourcen.
Eine der größten Herausforderungen ist die sogenannte „Featuritis“. Infolge der sich weiterentwickelnden Spezifikationen und der sich ständig ändernden Anforderungen sind die Testumgebungen der Luftschiffe während der gesamten Entwicklungsphase erheblichen Änderungen und Neuverkabelungen unterworfen, was den Programmablauf gefährdet und hohe Kosten verursacht. Ein nicht erweiterbares Testsystem verschärft diese Herausforderung zusätzlich und unterstreicht die Notwendigkeit eines flexibleren, modularen Systems.
Eine weitere große Herausforderung ist der Zertifizierungsprozess. Während es für Starrflügel- und Drehflügelflugzeuge etablierte Zertifizierungsverfahren gibt, ist die Zertifizierung von Luftschiffen weit weniger definiert und erfordert die Navigation durch neue und sich entwickelnde Richtlinien nationaler Behörden wie der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) und der Federal Aviation Administration (FAA).
Eine weitere große Herausforderung stellt schließlich der intensive Wettlauf um den Markt der Luftschifffahrt dar. Während FLYING WHALES eine Spitzenreiterrolle anstrebt, drängen sich auch zahlreiche andere Unternehmen mit ihrer Luftschiffentwicklung in den Wettbewerb, darunter der Pathfinder von LTARE und der Airlander von HAV. Diese führenden Anwärter sind mit einer Vielzahl von Unsicherheiten konfrontiert, einschließlich der Ermittlung der erforderlichen Tests zur Gewährleistung von Sicherheit und Leistung, der Bewältigung der sich ständig ändernden Konstruktionsanforderungen sowie der Notwendigkeit, mit dem Beginn der Tests zu warten, bis die Konstruktionsphase abgeschlossen ist. Dieser Wettbewerbsdruck fügt dem ohnehin schon anspruchsvollen Entwicklungs- und Testprozess von Luftschiffen noch zusätzlich Komplexität und Dringlichkeit hinzu.
System on Demand (SoD) ist ein agiler Systementwicklungsprozess, der modulare Komponenten sowie Standardkomponenten nutzt, um Validierungs- und Funktionstestsysteme für LRU-Hardware, Embedded-Software-Algorithmen, Hardware-in-the-Loop (HIL), Integrationslabore und mehr zu entwerfen, zu integrieren und bereitzustellen. Der modulare und „commercial off-the-shelf“(COTS)-Ansatz funktioniert durch die Nutzung von vorkonfigurierten Entwürfen für die meisten Signaltypen. Dadurch wird gewährleistet, dass Kompatibilität und Funktionalität im Vorfeld bewertet werden und keine maßgeschneiderten Entwürfe erforderlich sind. Alle Elemente, von der Signalverbindung über die Verkabelung bis hin zur Rackinfrastruktur, sind modular aufgebaut, um eine einfache Fertigung und Anpassbarkeit zu gewährleisten.
SoD umfasst mehr als nur standardisierte, zusammengesetzte COTS-Hardware. Es beinhaltet auch einen modellbasierten Entwurfsprozess, der es uns ermöglicht, das System bereits auf der Vorschlagsstufe vollständig zu modellieren. Als unsere Single Source of Truth (SSOT) wird dieses Modell verwendet, um alle Artefakte zu erzeugen, die für die Erzeugung und Konfiguration des Systems erforderlich sind, einschließlich der Softwarekonfigurationen (Treiber, Schaltmodule, andere Komponenten usw.). Dank dieser Fähigkeit können wir schnell auf Entwurfänderungen reagieren, ohne die Artefakte manuell überarbeiten zu müssen.
SoD bietet auch eine flexible, anpassbare und modulare Lösung, die den Herausforderungen der Luftschifftests gerecht wird. Die SoD-Lösung von NI besteht aus mehreren wesentlichen Elementen:
Der modellbasierte Ansatz von SoD reduziert die Projektrisiken, indem das System bereits in der Vorschlagsphase vollständig modelliert wird und dem Kunden so eine detaillierte Spezifikation und nicht nur ein Konzept geliefert wird, wie es in nicht-modellbasierten Umgebungen üblich ist. Darüber hinaus ermöglichen der modellbasierte Entwurfsprozess und die in hohem Maße standardisierte Architektur einfache Abänderungen, die die Implementierung von Änderungen dramatisch beschleunigen. Herkömmliche Methoden folgen oft einem Wasserfallprozess, der zu Verzögerungen und erhöhten Kosten aufgrund von Nachbesserungen führen kann, wenn sich die Anforderungen ändern. Die agile Methodik von SoD ermöglicht kontinuierliche Integration und Tests, wodurch Risiken reduziert und Lieferzeiten verkürzt werden. Während andere Ansätze starr sein und sich weniger gut an Veränderungen anpassen können, ist SoD aufgrund seiner Flexibilität und seines modularen Entwurfs die bessere Wahl bei sich schnell ändernden Projektanforderungen.
FLYING WHALES, ein bahnbrechendes Start-up in Suresnes (Frankreich) wollte ursprünglich französisches Holz in abgelegene Gebiete transportieren, hat sein Angebot aber inzwischen auf Anwendungen wie Not- und Katastrophenhilfe oder den Transport von Rotorblättern für Windkraftanlagen ausgedehnt. Die Ambitionen des Unternehmens gehen jedoch über das Transportwesen hinaus. Das Unternehmen will wie eine Fluggesellschaft operieren und legt daher großen Wert auf einen geringen ökologischen Fußabdruck, niedrige Kosten, Flexibilität und Sicherheit. Das Luftschiff LCA60T ermöglicht Punkt-zu-Punkt-Transporte, schwebendes Be- und Entladen ohne Umweltauswirkungen, niedrige Betriebskosten und eine feste Struktur mit mehreren Antriebspunkten für Sicherheit und Kontrollierbarkeit. Darüber hinaus ist es EASA-zertifiziert und verfügt über ein Flottenmonitoring in Echtzeit.
Diese Erweiterung erforderte ein gründliches Testen der elektronischen LRU-Steuerungen, die für den Betrieb entscheidend sind. Das Herzstück des Testprozesses von FLYING WHALES bildet die Iron Whale Bench, eine Testanlage für die Elektronikintegration, in der alle eingebetteten Flug- und Lastwechselcomputer, das elektrische System ohne Antrieb (NPES) sowie das Verbindungssystem für elektrische Leitungen (EWIS) integriert sind. Das Unternehmen verwendet ein eigenes repräsentatives Simulationsmodell zum Einführen von Fehler für Robustheitstests und zum sorgfältigen Aufzeichnen von Messgerätdaten. Die Iron Whale Bench dient in erster Linie dazu, die Funktionsketten des Luftschiffs zu integrieren und zu validieren sowie technische und terminliche Risiken vor der realen Bereitstellung zu minimieren.
Zu den Systemen, die integriert und getestet werden sollen, gehören die Verankerung, das elektrische System ohne Antrieb (NPES), die Flugsteuerung (FCS), die Avionik, alle Remote-Datenkonzentratoren (RDCs), die Navigationssensoren, das Videoüberwachungssystem (VSS), das Nutzlastsystem, das Ballastsystem und das Hubsystem.
In Zusammenarbeit mit NI hat FLYING WHALES die Stärke von SoD genutzt, um ihr starres 60-Tonnen-Luftschiff, das kostengünstig, flexibel, sicher und umweltfreundlich mit minimalem CO2-Fußabdruck konzipiert wurde, zu testen und zu integrieren. Das NI-FLYING-WHALES-Projekt, das im Oktober 2023 begann, verzeichnete bemerkenswerte Fortschritte bei der Entwicklung und Lieferung von Iron Whale in weniger als zwei Quartalen. Diese Zusammenarbeit hat entscheidend dazu beigetragen, dass alle Systeme einwandfrei funktionieren. Iron Whale wurde im NI-Zentrum in Düsseldorf entwickelt, wo die modernen Anlagen und das Know-how zur schnellen Fertigstellung des Projekts beitrugen.
NI bietet mehrere wesentliche Vorteile. Durch die Möglichkeit der frühzeitigen Integration können die Kunden viel früher mit dem Testen beginnen. Die Modularität der SoD-Testarchitektur ermöglicht das Hinzufügen weiterer Testfunktionen zu einem vorhandenen System mit demselben Skript. Das Experience Center von NI Düsseldorf hilft, indem es die Testmethodik direkt auf den Prüfling anwendet und so eine umfassende Risikominimierung vor dem Kauf ermöglicht.
Im Gegensatz zu anderen Anbietern, die geschlossene Testsysteme liefern, bietet NI einen anpassbaren, softwaredefinierten COTS-Ansatz, der es dem Kunden ermöglicht, sein eigenes Testsystem zu besitzen. Dieses offene System liefert dem Kunden detaillierte Informationen darüber, wie das Testsystem entworfen und gebaut wurde, und gewährleistet so Transparenz und Flexibilität.
Diese Partnerschaft hat die Validierung von Funktionsketten und die Minderung technischer und terminlicher Risiken erleichtert sowie die Verfügbarkeit von Testressourcen sichergestellt. Durch die Nutzung des Know-hows und der Ressourcen von NI hat FLYING WHALES ihren Entwicklungsprozess beschleunigt und so eine kürzere Markteinführungszeit garantiert. Dieser strategische Ansatz hat bereits zu einer Vielzahl von Bestellungen geführt und markiert einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg zur Revolutionierung des Lufttransports. Die modulare Architektur von SoD ermöglicht es FLYING WHALES, sich während der gesamten Testphase an sich ändernde Spezifikationen und Anforderungen anzupassen. Die Anpassungsfähigkeit von SoD zeigt sich in der Fähigkeit, neue Signaltypen und Änderungen nahtlos in die bestehende Testarchitektur zu integrieren und so effiziente und effektive Testprozesse zu gewährleisten.
Die Partnerschaft zwischen NI und FLYING WHALES zeigt, wie SoD die Luftschifftests revolutioniert hat. SoD hat die Entwicklungsdauer verkürzt, die Risiken reduziert und die Hersteller in die Lage versetzt, Herausforderungen zu meistern. SoD beschränkt sich nicht nur auf Luftschifftests, sondern ist auch auf Systemintegrations-, Verifikations- und Validierungstests sowie Zertifizierungstests anwendbar. Die Prinzipien der Modularität und der schnellen Anpassung können die Entwicklungsprozesse für andere Technologien beschleunigen und so die Kosten senken und die Markteinführungszeit verkürzen.
Die Luft- und Raumfahrtindustrie kann von den Möglichkeiten von SoD profitieren, um komplexe Integrationsaufgaben und Validierungsprozesse zu bewältigen, was zu robusteren und zuverlässigeren Systemen führt. Diese erfolgreiche Kundengeschichte veranschaulicht die umfassenderen Anwendungen von SoD in der Luft- und Raumfahrtindustrie. Sie signalisiert einen Paradigmenwechsel in der Testmethodik und treibt die Entwicklung und Annahme der Luftschifftechnologie voran. Über die Luftschifftests hinaus birgt SoD ein erhebliches Potenzial für Innovationen und Effizienzsteigerungen in einer Reihe von Luftfahrtanwendungen.