Entwicklung eines Systems zur Erkennung von Fremdkörpern auf der Start- und Landebahn eines Flughafens auf der Grundlage eines mmWave-Radars

„Wir haben mit LabVIEW und FlexRIO erfolgreich einen Prototyp eines mmWave-Radarsystems zur Erkennung von Fremdkörpern auf Start- und Landebahnen entwickelt.

– Shunichi Futatsumori, Abteilung für Überwachung und Kommunikation, Forschungsinstitut für elektronische Navigation (ENRI), Nationale Forschungs- und Entwicklungsagentur

Die Aufgabe:

Analyse und Darstellung von Radardaten der GB/s-Klasse von hochauflösenden 96-GHz-mmWave-Radargeräten zur Erkennung von kleinen Fremdkörpern auf Start- und Landebahnen.

Die Lösung:

Durch den Einsatz der NI PXI-Plattform und FlexRIO zur Echtzeitverarbeitung von Radarsignalen auf Grundlage der FPGA-Hardwaretaktung mit hoher Datendurchsatzrate sowie durch die Verwendung von LabVIEW-Code für die Radarsignalverarbeitung konnte die Entwicklungszeit im Vergleich zur herkömmlichen Programmiermethode um 90 Prozent gesenkt werden.

Erkennung von Fremdkörpertrümmern auf Start- und Landebahnen

Die Nachfrage nach einer automatischen Erkennung von Fremdkörpern auf der Flughafenoberfläche ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Auch wenn solche Fremdkörper von geringem Volumen und Größe sind, können sie Flugzeuge beschädigen. Nach dem Concorde-Unfall im Jahr 2000 auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle, der durch eine kleine Metallplatte auf der Landebahn verursacht wurde, ist die Erkennung von Fremdkörpern ein wichtiges Thema für die Flughafenverwaltung. Die Ausfallzeiten der Start- und Landebahn aufgrund von Sicherheitskontrollen sind für den effizienten Betrieb des Start- und Landebahnzeitfensters sehr wichtig. Das Electric Navigation Research Institute (ENRI) ist eine nationale Forschungseinrichtung, die sich mit der Entwicklung von ziviler Technologie für die Überwachung und Kommunikation in der Luftfahrt, die Sicherheit im Luftverkehr und den effizienten Betrieb von Flugrouten befasst. Im Rahmen der verschiedenen Forschungsthemen für die Sicherheitstechnologie in der Zivilluftfahrt entwickeln wir ein mmWave-Radarsystem zur Erkennung kleinerer Hindernisse auf Start- und Landebahnen. Das mmWave-Radarsystem zeichnet sich im Vergleich zu Kamerasystemen durch eine hohe Detektionsleistung, eine hohe Reichweitenauflösung und Wetterunabhängigkeit aus. Das System bringt jedoch auch viele Herausforderungen mit sich, wie z. B. die Entwicklung eines mmWave-Schaltkreises und eines Signalverarbeitungsschaltkreises, um ein hochleistungsfähiges FOD-Erkennungssystem für die Start- und Landebahn eines Flughafens zu implementieren.

 

Übersicht über das mmWave-System

Das mmWave-Radarsystem besteht aus einer Antenne mit Strahlabtastung, Sende- und Empfangsschaltungen für mmWave, Signalerzeugung, Verarbeitungsschaltungen sowie Synchronisierungs- und Steuerschaltungen. Die F&E-Themen des FOD-Detektionssystems gelten hauptsächlich für die beiden 96-GHz-mmWave-Frontend-Schaltungen. Darüber hinaus sind die Verarbeitungsschaltungen für das Empfangssignal und die Synchronisationsschaltungen wesentliche Bestandteile des Hochleistungsradarsystems. Als wir mit der Erforschung der mmWave-Radarsignalverarbeitung und -synchronisation mit einer neuen Technologie begannen, standen wir vor drei Herausforderungen:

  1. Zur Bestätigung des Forschungsfortschritts und zur Durchführung von Feldversuchen auf dem Flughafen wird während der vierjährigen Forschungs- und Entwicklungszeit jedes Jahr ein Radar-Prototypsystem gebaut. Aus diesem Grund müssen wir die Empfangssignalverarbeitungsschaltungen und die Synchronisationsschaltungen innerhalb eines begrenzten Zeitraums aufbauen. Die uns zur Verfügung stehende Entwicklungszeit wurde auf weniger als einen Monat begrenzt, um den Entwicklungszeitplan für den Aufbau der mmWave-Schaltung und die Überprüfung zur Erlangung der experimentellen Funklizenz zu berücksichtigen.
  2. Das mmWave-Radarsystem liefert eine Auflösung im Sub-Zentimeter-Bereich und nutzt die Breitband-Frequenzressourcen. Um jedoch die hohen Auflösungen im großen Erfassungsbereich der Start- und Landebahn eines Flughafens zu realisieren, muss das Radarsystem die riesigen Datenmengen in kurzer Zeit verarbeiten. Geht man zum Beispiel von einer Entfernungsauflösung von 5 cm, einer Abdeckung von 200 m Durchmesser und einer Azimutabtastung von 360 Grad mit einer Winkelauflösung von 0,036 Grad aus, beträgt die Datenmenge mindestens 1,2 GB/s (16-Bit-Amplitudenauflösung) für jedes Radargerät. Wir können eine solche Menge an Radardaten nicht ohne eine Hardware-Logikschaltung, wie z. B. einen FPGA- oder ASIC-Schaltkreis, analysieren.
  3. Für die Verarbeitungsschaltung des Radarsignals ist eine komplexe Signalverarbeitung wie die schnelle Fourier-Transformation (FFT) und kohärente Signalintegration mit Trigger-Synchronisation erforderlich. Das Outsourcing für dieses komplizierte System führt zu hohen Kosten und einer langen Entwicklungszeit. Darüber hinaus müssen die Analyseprogramme die von den Forschern entwickelten Funktionen ändern und hinzufügen, um den im Forschungsprojekt entwickelten neuen Algorithmus zu implementieren. Bei Verwendung mehrerer Programmiersprachen, z. B. VHDL für die FPGA-Schaltung und C für den Host-Computer, sind die Kosten für den Erwerb der Programmierkenntnisse nicht unerheblich.

 

Um diese Probleme zu bewältigen, haben wir die NI-Plattform PXI, das System FlexRIO und ein Digitizer-Adaptermodul für die Entwicklung der Empfangssignal-Verarbeitungsschaltungen sowie der Synchronisations- und Steuerschaltungen verwendet. In Abbildung 1 ist das vorgeschlagene Radarsystem ein verteiltes, optisch verbundenes mmWave-Radarsystem, das auf der RoF-Technologie (Radio-over-Fiber) basiert. „Verteilter Typ“ bedeutet, dass das Radarsystem aus einer zentralen Einheit in einem Gebäude und mehreren Antenneneinheiten in der Nähe der Landebahnen besteht. Jede Antenneneinheit erfasst die einzelnen Erfassungsbereiche der Landebahn. Die Sendefrequenz liegt zwischen 92 GHz und 100 GHz. Die Radarsignalquelle ist in der zentralen Einheit untergebracht. Das elektrische mmWave-Sendesignal wird direkt in ein optisches Signal umgewandelt. Dies ermöglicht die verlustarme Übertragung von modulierten mmWave-Radarsignalen über eine Entfernung von mehr als 10 km. Darüber hinaus wird das an der Antenneneinheit empfangene Signal auch über die Glasfasern an die Zentraleinheit übertragen. Diese Radararchitektur ermöglicht den kostengünstigen Aufbau eines groß angelegten mmWave-Radarsystems, das auf einer zentralen Signalerzeugung und -verarbeitung und sehr simplen Antenneneinheiten basiert. Die zentrale Signalverarbeitung ist ein wesentliches Merkmal für die Realisierung des verteilten Radarsystems; allerdings erfordert dies eine hohe Datendurchsatzrate und einen flexiblen Aufbau, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben. Um das Problem zu lösen, haben wir uns für den zentralen Systemaufbau mit der Software LabVIEW, der NI PXI-Plattform und der FlexRIO-Hardware entschieden. In Abbildung 2 und Abbildung 3 ist eine Übersicht über das optisch vernetzte 96-GHz-mmWave-Radarsystem bzw. das Blockdiagramm der Schaltung zur Radarsignalverarbeitung dargestellt. Das FlexRIO-FPGA-Modul PXIe-7975R von NI bietet ausreichend Flip-Flop-Sektoren und Speicherressourcen für die FFT-Analyse, Signalintegration und -synchronisation. Darüber hinaus kann der PXI-Express-Bus die Daten des analysierten Radarempfangs mit einer Durchsatzrate von bis zu 8 GB/s über das DMA-FIFO an das Host-Programm übertragen. Für den NI PXIe-7975R haben wir ein NI-Digitizer-Adaptermodul für FlexRIO mit 16 Bit und 250 MS/s verwendet. Dieses Adaptermodul verfügt über 12 Digital-I/O-Kanäle, mit denen die Beam-Scanning-Antenne gesteuert und Informationen über die Antennenrichtung abgerufen werden können. Da diese digitale I/O auch direkt mit dem FPGA-Schaltkreis verbunden ist, kann eine präzise Signalsynchronisation auf der Grundlage des Hardware-Takts erreicht werden. Darüber hinaus können wir auch die Signalsynchronisation zwischen der Sendesignalquelle und dem A/D-Wandler auf Basis des FPGA-Taktes mit geringem Jitter realisieren.

 

Vorteile des mmWave-Systems

Die leistungsstarke Schaltung zur Radarverarbeitung führte zu einer unmittelbaren Verbesserung der Radarempfindlichkeit. Um die Vorteile der grafischen Programmiersprache LabVIEW zu nutzen, haben wir den Hauptalgorithmus der Signalverarbeitungsschaltungen in weniger als einem Monat implementiert, der 90 Prozent schneller ist als die herkömmliche Programmiermethode. Die wichtigsten Vorteile liegen in den folgenden drei Bereichen.

 

Zunächst konnten wir den Programmcode sowohl des FPGA als auch des Host-PCs mit LabVIEW entwickeln. Das entwickelte System gestattet eine FFT-Berechnung mit 8.192 Punkten und eine Echtzeitübertragung zum Host-PC mit mehr als zehntausend Durchläufen pro Sekunde ohne jeglichen Datenverlust. Die komplizierte Signalintegration und -dezimierung, mit der die hohe Empfindlichkeit erzielt wird, wurde erfolgreich umgesetzt.

 

Außerdem konnten die Forscher die flexible Modifizierung und Funktionserweiterung der Signalverarbeitung erreichen. Dies ist einer der Vorteile der grafischen Programmiermethode. Da wir die Erstellung des Programmiercodes nicht auslagern mussten, konnten wir mit LabVIEW eine kostengünstige und schnelle Entwicklung erreichen.

 

Ein weiterer Vorteil ist die Wiederverwendbarkeit des zuvor erstellten LabVIEW-Programmcodes. Wir haben das Hubschrauber-Kollisionsvermeidungsradar auf Grundlage der FPGA-basierten NI CompactRIO-Hardware entwickelt. Auch wenn die Größe des FPGA-Flip-Flop-Slice vollkommen anders ausfällt, können wir den Hauptalgorithmus, der die Radarsignalverarbeitung beinhaltet, fast unverändert wiederverwenden. In der Regel ist die VHDL-Programmierung zur Anpassung des detaillierten Takt-Timings erforderlich, wenn unterschiedliche Skalierungsplattformen verwendet werden. Wir können jedoch den FPGA-Programmcode von LabVIEW ohne diese zeitaufwändige Taktanpassung wiederverwenden. Das ist auch einer der wichtigsten Vorteile der LabVIEW-FPGA-Programmierung.

 

Fazit

Wir haben mit LabVIEW und FlexRIO erfolgreich einen Prototyp eines mmWave-Radarsystems zur Erkennung von Fremdkörpern auf Start- und Landebahnen entwickelt. Wir müssen einen engen Zeitplan für die Forschung und Entwicklung einhalten und haben nur ein begrenztes Budget für den Bau der leistungsstarken Signalverarbeitungsschaltung. Unsere Lösungen sind jedoch geeignet, um den Prototyp eines Radarsystems für die Machbarkeitsprüfung des Systems zu entwickeln. Nach dem Ende der vierjährigen Forschungszeit testen wir die Kombination der beiden Antenneneinheiten weiter, um die Wirksamkeit der verteilten Radararchitektur zu bestätigen. In den Abbildungen 4 und 5 ist ein Überblick über das Testsystem bzw. ein Beispiel für das kombinierte Radargerät dargestellt. Um alle Bereiche der Start- und Landebahnen abzudecken, wird die Anzahl der Antenneneinheiten in Zukunft steigen. Wir planen, den Prototyp auf Basis der NI PXI-Plattform und FlexRIO zu modifizieren, um ein praktikableres FOD-Erkennungssystem zu entwickeln.

 

Informationen zum Autor:

Shunichi Futatsumori
Abteilung für Überwachung und Kommunikation, Forschungsinstitut für elektronische Navigation (ENRI), Nationale Forschungs- und Entwicklungsagentur
Japan

Abbildung 1: Optisch vernetzte, verteilte 96-GHz-mmWave-Radarsysteme zur Erkennung von Fremdkörpertrümmern auf Flughäfen
Abbildung 2: Überblick über das optisch vernetzte, verteilte 96-GHz-mmWave-Radarsystem
Abbildung 3: Blockdiagramm der Signalverarbeitungsschaltung für eine Einzelantenneneinheit, die auf der NI PXI-Plattform und FlexRIO basiert
Abbildung 4: Überblick über das optisch vernetzte, verteilte 96-GHz-mmWave-Radarsystem mit zwei Antenneneinheiten.
Abbildung 5: Beispiel für den kombinierten Radarbereich, der in den Feldversuchen am Flughafen Sendai ermittelt wurde
Abbildung 6: