Dr. Thomas Herpel, Senior Manager Test System Development, ZF Mobility Solutions, Ingolstadt, Deutschland
Michael Vogt, Technischer Leiter, HIL-Entwicklung, ZF Active Safety GmbH, Koblenz, Deutschland
Brenda Vargas, Senior Solutions Marketing Manager, Transportation, NI
Das offene, datengesteuerte und softwaregebundene Ökosystem von NI sowie die PXI-Funktionen ermöglichten es ZF, ein skalierbares ADAS-HIL-System zu entwickeln, das zukünftige Anforderungen erfüllt und gleichzeitig mit Testprogrammen Schritt hält.
Der Prototyp des ADAS-HIL-Testsystems von ZF wurde für den Betrieb in einer HIL-Farm auf mehrere Systeme repliziert. So entstanden vollautomatische Validierungssysteme für zahlreiche Softwaretestzyklen.
Die Teamkompetenzen von ZF führten zur Entwicklung leistungsstarker modularer HIL-Softwarebibliotheken, die als Grundlage für zukünftige Projekte und auf dem Weg zum NI -Kompetenzzentrum dienen.
Das ADAS-Hardware-in-the-Loop (HIL)-Testsystem muss die sich ständig ändernden Anforderungen an die Verifizierung und Validierung der komplexen Funktionen von fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen (ADAS) und autonomem Fahren (AD) für autonome Fahrzeuge erfüllen, um den Menschen die erforderliche Sicherheit zu bieten.
Die ADAS-Validierungsabteilung von ZF hat in Zusammenarbeit mit NI ein skalierbares, flexibles und hochgradig vernetztes HIL-Testsystem entwickelt und maßgeschneidert, das zum Testen von Steuergeräten für ADAS- und AD-Systeme wiederverwendet wird und gleichzeitig erhebliche Entwicklungszeit spart.
Als einer der weltweit größten Tier-1-Zulieferer in der Automobilindustrie hat sich ZF der „Vision Zero“ verschrieben, die darauf abzielt, keine Verkehrsunfälle mit Todesfolge und ohne Emissionen zu verursachen. Ein wichtiger Ansatz zur Erreichung dieses Ziels besteht darin, das Fahren sicherer, effizienter und komfortabler zu machen.
Die zukünftige Strategie von ZF konzentriert sich stark auf die Gestaltung der „Next Generation Mobility“, die tragfähige Mobilitätslösungen beschreibt, die elektrisch, intelligent, vernetzt, nachhaltig, sicher, autonom und bezahlbar sind.
Abbildung 1: ZF Next Generation Mobility. Foto mit freundlicher Genehmigung der ZF Group.
Mit seiner Expertise und seinem Produktportfolio für das Sehen, Denken und Handeln von Fahrzeugen hat ZF eine starke Position im Markt. Die Maxime „Sehen – Denken – Handeln“ fasst das Leitmotiv des Unternehmens prägnant zusammen. ZF kann beispielsweise Kameras und Sensorsysteme wie Radar oder Lidar miteinander verbinden, um eine 360-Grad-Panoramaansicht bereitzustellen (Sehen). Darüber hinaus entwickelt, produziert und vernetzt ZF die Schaltzentralen des Fahrzeugs über ein Netzwerk elektronischer Steuergeräte oder zentrale Hochleistungsrechenplattformen (Denken). Und selbstverständlich kann das Unternehmen mechatronische Systeme in Antrieb, Fahrwerk oder Lenkung zu modernen Antriebsfunktionen (Handeln) verbinden. Dadurch werden Fahrzeuge nicht nur sicherer, sondern auch effizienter.
ZF Mobility Solutions (ZMS) ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft des ZF-Konzerns mit Hauptsitz in Ingolstadt. Die Mission dieses Teils des Unternehmens besteht darin, durch die Entwicklung und Implementierung autonomer Transportsysteme eine saubere, effiziente, komfortable und erschwingliche Mobilität bereitzustellen.
Die Vision der Abteilung Testsystementwicklung bei ZMS besteht darin, innovative und qualitativ hochwertige Testsysteme zu entwickeln, die auf die spezifischen Anforderungen der Verifikation und Validierung komplexer ADAS und AD zugeschnitten sind.
Die Mission besteht darin, für den ZF-Konzern Prototypen für HIL-basierte Testsysteme mit Hardware, Software und Prozessen für den Einsatz in seriell zu bauen.
Abbildung 2: ZF ADAS. Foto mit freundlicher Genehmigung der ZF Group.
ADAS erfordert eine intensive Validierung in verschiedenen Phasen der Entwicklung. Das Testen muss reale Szenarien für komplexe Funktionen umfassen, die stark vernetzt sind. Wie sicher sollten ADAS sein, bevor sie für Verbraucher im Straßenverkehr zugelassen werden? Echte Fahrzeugtests erfordern viel Zeit, sind teuer und bieten manchmal nur begrenzte Aussagekraft – insbesondere im Hinblick auf die Reproduzierbarkeit von Tests. Genau das ist zwar immer noch notwendig, aber es ist dringend erforderlich, von der „Quantität der gefahrenen Kilometer“ zur „Qualität der Kilometer, die auf der Straße getestet werden müssen“ überzugehen, indem andere Testmethoden in den Validierungsprozess einbezogen werden.
Eine gut ausgearbeitete Validierungsstrategie ist mehr denn je eine wichtige Säule, um modernste Normen und Vorschriften wie den Standard ISO-26262 oder Automotive SPICE (ASPICE) einzuhalten.
Der Einsatz von Virtual-Reality-Technologien (VR) in der Entwicklung ist einer der wichtigsten Trends. Es ermöglicht das Testen des Systems in früheren Phasen unter realistischen Bedingungen. HIL-basierte Testsysteme für Open-Loop-Datenwiedergabe und Closed-Loop-Simulationen eignen sich besonders für die Validierung von ADAS-Funktionen auf der Zielhardware und die Bestimmung funktionaler und nicht funktionaler Key Performance Indicators (KPIs).
Die Anforderungen und die Kombination verschiedener Testmethoden sind entscheidend für die Sicherheit von Fahrer und Insassen – und letztendlich für die Verwirklichung autonomer Fahrzeuge. NI -Lösungen ermöglichen den Aufbau von Testsystemen, die zu einer umfassenden Teststrategie beitragen, die sowohl aus realen als auch aus VR-basierten Tests besteht.
ADAS stellt hohe Anforderungen an die Entwicklung von Testsystemen, da bei diesen Systemen nicht mehr nur eine hohe Rechenleistung im Vordergrund steht und diese benötigt werden, sondern mehr denn je Skalierbarkeit, Flexibilität und Aspekte des hochvernetzten Systembetriebs. Das System-Under-Test (SUT) ist ein Radarsensor von ZF für die Automobilindustrie für typische ADAS-Anwendungen wie adaptive Geschwindigkeitsregelung, Kollisionsvermeidung und Pre-Crash-Sicherheitssysteme oder Copilot-Funktionen. Mit zunehmender Komplexität des SUT ist es bei der Entwicklung neuer Testsysteme unumgänglich, in Plattformen zu denken.
Kernaspekte solcher Testsysteme sind:
Für die Open-Loop-Validierung von ADAS-Steuergeräten mit Real-Life-Aufzeichnungen von Testgeländen und Testflotten muss die Daten-Wiedereinspritzung mit hohen Datenraten über komplexe Kommunikationsschnittstellen ermöglicht werden, wobei ein hochpräzises Timing und eine hochgenaue Synchronisation erforderlich sind. Zusätzlich zu den aufgezeichneten Radardaten müssen die Restbus-Kommunikationssignale des Fahrzeugs parallel verarbeitet werden, z. B. Geschwindigkeitssignale, Gierraten oder andere Statusdaten. Für die Reinjektion von Radardaten muss das HIL-Testsystem die entsprechenden Schnittstellen und eine robuste und präzise Steuerung der Reininjektion mit hoher I/O-Datenrate und Seitenbandkommunikation bereitstellen. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Softwareplattform und der Schnittstellen des HIL-Testsystems ist die Anforderung einer vollständigen Automatisierung von HIL-Testläufen, der Remote-Softwarebereitstellung und des HIL-Betriebs in HIL-Testfarmen rund um die Uhr.
Ausschlaggebend für die Kombination von ZMS mit NI waren die leistungsstarken Echtzeit-Computersysteme sowie die hochpräzisen Timing und Synchronisationsfunktionen. Attraktiv war die PXI-Plattform auch mit ihrem breiten Angebot an Schnittstellenkarten und -modulen, darunter moderne Bussysteme für die Automobilindustrie sowie analoge und digitale I/O-Karten.
Die offene Softwareplattform von NI ermöglicht auch die Entwicklung modularer und anwendungsspezifischer Software in der HIL-Systementwicklung, insbesondere in Bezug auf die Real-Time-Software mit LabVIEW und die Aspekte des Systembetriebs, die von der SystemLink™-Software abgedeckt werden.
Die PXI-Plattform unterstützt die Modularität, Schaltmodul die Arbeit von einem ADAS-Projekt zu einem anderen zu wechseln, ohne das Rad neu erfinden zu müssen. Dies wird erreicht, indem für jeden Testfall neue Parameter eingestellt und auf der bestehenden Basis eines Kernsystems zurückgegriffen werden kann, das zum Testen leistungsstarker Steuergeräte für ADAS- und AD-Systeme wiederverwendet werden kann und dabei Zeit spart. Und es bringt auch Skalierbarkeit, da heute Steuergeräte mit fünf bis zehn Busanschlüssen und Datenschnittstellen getestet werden können; Tests von morgen können auf bis zu 30 Schnittstellen oder mehr skaliert werden.
Die gesamte Entwicklung des HIL-Simulators umfasste das mechanische und elektrische Design des HIL-Rigs unter Einbeziehung aller Aspekte der Arbeits- und Produktsicherheit.
Die Konfiguration des PXI-Systems sah wie folgt aus:
Zusätzliche HIL-Systemkomponenten:
Abbildung 3: HIL-Echtzeit-Kernsimulationssystem
Die Softwarearchitektur für den HIL-Echtzeitbetrieb und das Daten-Streaming zur Wiedereinspeisung besteht aus:
Mit den entsprechenden Kompetenzen bei ZMS und innerhalb des ZF-Konzerns half NI bei der Einrichtung von Prozessen und der Wartung von Software. Dies half beim Aufbau einer leistungsstarken und modularen HIL-Softwarebibliothek, die als Grundlage für zukünftige HIL-Projekte dient und den Weg ebnet, um im Jahr 2022 ein NI -Kompetenzzentrum zu werden.
Die Softwareentwicklung am ZMS stützte sich auf bestehende Prozesse für die agile, Scrum-basierte Softwareentwicklung sowie für Continuous Integration und Continuous Deployment (CI/CD), die in der folgenden Abbildung dargestellt sind.
Abbildung 4: Softwareentwicklungsprozess
Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Datenflüsse und Kommunikationsabhängigkeiten im HIL-Testsystemaufbau.
Abbildung 5: Softwareentwicklungsprozess
Während der Prototyp des HIL-Systems entwickelt und auf mehrere in einer HIL-Farm betriebene HIL-Systeme repliziert wurde, wurde die Validierung des Radarsystems über eine beträchtliche Anzahl von Radarsoftware-Testzyklen in vollautomatischen HIL-Läufen durchgeführt. Dies führte zu einer größeren Flexibilität beim On-the-Fly-Testen neuer Software-Releases auf der Zielsteuergeräteplattform und zu einer hohen Testabdeckung.
Während der Entwicklung des Radarsystems wurden in der HIL-Farm erfolgreich Daten aufbereitet, die mehr als 600 Tagen Testbetrieb entsprechen.
Die Einbindung der verschiedenen HIL-Testsysteme als HIL-Farm in den Systementwicklungs- und Validierungsprozess ist in der folgenden Abbildung dargestellt.
Abbildung 6: Systementwicklungs- und -validierungsprozess
Die Fähigkeiten von SystemLink für die Remote-HIL Real-Time-Software , den Systembetrieb und die Wartung bieten einen zusätzlichen Vorteil bei der Skalierung von der Entwicklung von HIL-Prototypen auf eine rund um die Uhr betriebene HIL-Farm. Die Lösungen von NI sparen ZF Zeit und ermöglichen Skalierbarkeit. Damit können die Testprogramme von ZF mit ihrem eigenen Innovationszeitplan Schritt halten.
Ein bemerkenswerter Erfolg im Rahmen des Radar-HIL-Entwicklungsprojekts war die Zertifizierung der Testsystementwicklung am ZMS als "NI Center of Excellence". Das Team demonstrierte technische Exzellenz und zeitsparende Softwareentwicklungsprozesse, skalierbares und erweiterbares Softwaredesign und -architektur sowie konsequentes Training, Mentoring und Lernen.
Unsere strategische Partnerschaft wird uns auch in Zukunft in die Lage versetzen, sichere und zuverlässige ADAS- und AD-Systeme erfolgreich auf den Markt zu bringen.
„Ich habe ein großartiges Team an der Seite, das hochmotiviert und echte Experten auf ihrem Gebiet ist und sich mit vollem Engagement für unsere Projekte und die Strategie von ZF engagiert. Gemeinsam mit unseren strategischen Partnern wie NI wir unsere Ideen erfolgreich in die Realität um.“
Dr. Thomas Herpel, Senior Manager Test System Development, verantwortlich für die Festlegung der Bedingungen, damit das Team sein Bestes geben und die ZF-Strategie heute und morgen auf den Markt bringen kann
„Wir brauchen klar definierte Prozesse für die Entwicklung in LabVIEW und müssen bei unserer Arbeit genau sein und gleichzeitig so viel wie möglich automatisieren. Die Entwicklung zu einem Kompetenzzentrum hat uns dabei geholfen, den Testaufwand zu reduzieren und sich auf unsere tägliche Arbeit ausgewirkt, da wir Zeit sparen, effizienter sind und die Software verbessern. Ich bin stolz auf die tolle Zusammenarbeit.“
Oleg Scherling, HIL- LabVIEW Architekturentwickler und treibende Kraft bei ZMS für die Ernennung zum NI -Kompetenzzentrum
„Unser Team, bestehend aus Radar- und HIL-Experten von ZF und unserem Technologiepartner ZMS, konnte gemeinsam mit NI eine Radar-HIL entwickeln, die sich perfekt in die bestehenden hochautomatisierten ZF-Validierungs-Toolchains einfügt, um unsere Test- und Entwicklungsprozesse weiter zu beschleunigen.“
Michael Vogt, Engineering Supervisor in der ZF-Abteilung ADAS-Validierung, verantwortlich für die HIL-Entwicklung in ZF ADAS
„Gemeinsam mit unseren Kollegen vom ZMS konnten wir mit NI -Komponenten erfolgreich ein HIL-System entwickeln, das unsere Anforderungen erfüllt. Das HIL-System ist eine wichtige Säule in der Validierungsstrategie von Radarsensoren.“
Philipp Strempel, Ingenieur in der ADAS-Validierung bei ZF und Projektleiter für Radar-HIL-Entwicklung