Dipl.-Ing. Paul Köchert, Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Minimierung von Positionsschwingungen
Zur Minimierung von Positionsschwingungen des Messschlittens am Nanometerkomparator, wurden die Signale des Vakuum-Positions-Interferometers zur Feinregelung eines Lorentz-Aktuators genutzt. Dieses zusätzliche Stellelement erweitert den Linear-Antrieb und wird durch einen FPGA-gestützten Positionsregler angesteuert, der mit Hilfe eines PXI-Systems geschaffen wurde. In Messungen konnte der Messschlitten im Sub-Nanometerbereich höchst-präzise positioniert werden, wobei ein Positionsrauschen von ± 0,1 nm bei einer Bandbreite von 100 Hz nachgewiesen wurde.
Dipl.-Ing. Paul Köchert - Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Dr.-Ing. Rainer Köning - Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Dr.-Ing. Jens Flügge - Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Dipl.-Phys. Christoph Weichert - Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Prof. Dr.-Ing. Eberhard Manske - Technische Universität Ilmenau
Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2016 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.
Eingesetzte Produkte: PXI-System, FPGA-Karte (NI PXI-7854R), Controller-Einheit (NI PXI-8102 RT)
Zur Minimierung von Positionsschwingungen des Messschlittens am Nanometerkomparator wurden die Signale des Vakuum-Interferometers zur Feinregelung eines Lorentz-Aktuators genutzt. Dieses zusätzliche Stellelement erweiterte den Linearantrieb und wurde durch einen FPGA-gestützten Positionsregler angesteuert, der mithilfe eines PXI-Systems geschaffen wurde. In Messungen konnte der Messschlitten im Sub-Nanometerbereich höchst präzise positioniert werden, wobei ein Positionsrauschen von 0,2 nm bei einer Bandbreite von 100 Hz nachgewiesen wurde.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) ist als nationales Metrologieinstitut Deutschlands unter anderem für die Weitergabe der Längeneinheit verantwortlich. Dazu wird an der PTB ein Längenkomparator mit Vakuuminterferometern betrieben, der sogenannte Nanometerkomparator. Diese Maschine ist in Bild 1 dargestellt und ermöglicht die Kalibrierung von Längenmaßverkörperungen (Encoder, Maßstäbe etc.) mit Reproduzierbarkeiten im Sub-Nanometerbereich über einen Bewegungsbereich von bis zu 550 mm. Das zu untersuchende Messobjekt wird hierzu auf einem Messschlitten platziert, welcher mittels eines Linearmotors relativ zu einem Antastsystem (Encoderkopf, Mikroskop) bewegt wird. Die Positionierung des Messschlittens erfolgte bislang ausschließlich auf Basis eines interferometrischen Inkrementalgebers mit einer Auflösung von 5 nm, welcher am Linearmotor befestigt war. Linearmotor und Schlitten waren hierzu über eine Antriebsstange miteinander verbunden, in welche zwei mechanische Dünnstellen eingearbeitet waren, um Abweichungen zwischen den beiden getrennten Führungen zu ermöglichen.
In dem beschriebenen Zustand traten im Stillstand Schwingungen des Messschlittens im Bereich von ±15 nm auf. Diese Schwingungen sollten reduziert werden, um damit einhergehend die Unsicherheit der Längenkalibrierung weiter zu verringern. Daher wurden die Dünnstellen durch einen aktiv regelbaren Lorentz-Aktuator ersetzt. Dieser Ansatz führt zu einer mechanischen Entkopplung von Messschlitten und Linearmotor und verhindert daher ein Übersprechen von Führungsabweichungen. In diesem Beitrag wird über die Integration des Lorentz-Aktuators in das bestehende Antriebssystem und Optimierungen der Regelgüte berichtet.
Zur Einbindung des Lorentz-Aktuators in das bestehende Antriebssystem der Maschine wurde die bestehende, primäre Positionsregelung (Grobregelung), basierend auf einer DSP-gestützten Steuereinheit, um eine sekundäre Positionsregelung (Feinregelung) erweitert. Dadurch konnte die vorhandene Steuereinheit weiterhin genutzt werden, ohne dass eine Neuentwicklung eines Steuerungssystems mit zusätzlichen Achsen umgesetzt werden musste. Aufgrund des eingeschränkten Bewegungsbereichs des Lorentz-Aktuators von 6,5 mm musste dieser beständig durch den Linearmotor nachgeführt werden. Daher erforderte dieser Ansatz jedoch eine Kopplung beider Steuereinheiten.
Zur hochpräzisen Positionierung des Messschlittens mithilfe des Lorentz-Aktuators benötigte die Feinregelung sowohl eine Sollposition (Bahnplaner) als auch eine Ist-Position (Auswerteelektronik). Der Bahnplaner der Grobregelung erzeugte eine Trajektorie mit einer Auflösung von etwa 1,25 pm. Dieser Sollwert wurde über eine parallele Schnittstelle an die Feinregelung übertragen, sodass beide Steuereinheiten über die gleiche Sollposition verfügten.
Zur Auswertung der Interferometersignale wurde eine FPGA-gestützte Auswerteelektronik eingesetzt, um Positionsänderungen von wenigen Pikometern zu detektieren. Die Auswerteelektronik ermöglichte über eine schnelle Datenverbindung zur Feinregelung die Bereitstellung von Ist-Positionen mit einer Auflösung von 1 pm. Das Schema in Bild 2 stellt das hybride Antriebskonzept dar, bestehend aus dedizierten Positionsregelungen für Linearmotor und Lorentz-Aktuator.
Auf dem Gebiet der Nanopositionierung wurde bereits gezeigt, dass die Leistungsfähigkeit von luftgelagerten Positioniersystemen durch den Einsatz hochdynamischer Lageregler und hochpräziser Rückkopplungssignale verbessert werden kann. Zudem werden an den Lageregler hohe Anforderungen hinsichtlich seiner Reaktionszeit gestellt. Die FPGA-Architektur gewährleistet durch eine parallele und deterministische Signalverarbeitung die Realisierung von Regelanwendungen mit hohen Anforderungen an die Echtzeitfähigkeit. Die sekundäre Steuereinheit basierte auf der modularen Plattform eines PXI-Systems der Firma National Instruments, bestehend u. a. aus einer FPGA-Karte (NI PXI-7854R) und einer Controller-Einheit (NI PXI-8102 RT). Zur Feinpositionierung der Hauptachse X wurde die FPGA-Karte eingesetzt. Bild 3 veranschaulicht die implementierte Positionsregelung.
Die primäre Steuereinheit stellte über eine parallele Schnittstelle (Wortlänge: 24 bit) die Trajektoriendaten zur Verfügung. Über die VHDCI-Schnittstelle der NI-Karte wurden diese Sollwerte direkt an den eingebetteten FPGA-Baustein übergeben, wobei die Daten mit einer Zykluszeit von 220 µs aktualisiert wurden. Auf dem FPGA wurden die gewandelten Daten weiterverarbeitet, wobei aufgrund der beschränkten Wortbreite und der hohen Auflösung der Trajektoriendaten ein Überlauf der Zahlenwerte im Abstand von etwa 10,6 µm abgefangen werden musste. Darüber hinaus wurde eine Extrapolationsroutine geschaffen, um Trajektoriendaten in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit prädiktiv zu bestimmen. Die Bahnplanerwerte beider Steuereinheiten konnten somit durch einen SCTL-Takt von 33 MHz auf bis zu 30 ns synchronisiert werden.
Die Ist-Positionen wurden durch die Auswerteelektronik über eine serielle Schnittstelle mit einer Datenrate von bis zu 7 Mbit/s bereitgestellt. Das zugrundeliegende Datenübertragungsverfahren auf Basis des SSI-Protokolls wurde auf der FPGA-gestützten Positionsregelung mittels Zustandsübergangsdiagrammen implementiert und konnte in einer zeitgesteuerten Schleife (SCTL) mit einer Taktrate von 60 MHz ausgeführt werden. Diese Übertragung war jedoch mit einer festen zeitlichen Verzögerung von etwa 3,5 µs behaftet, wodurch sich mit zunehmender Geschwindigkeit ein steigender Folgefehler ergab. Mithilfe eines linearen Approximationsverfahrens der Auswerteelektronik konnte dieser Einfluss auf das Rückkopplungssignal kompensiert werden. Um die Ist-Position mit einer möglichst geringen Latenz zum Regeltakt der Positionsregelung zu übermitteln, wurden die Positionswerte der Sensoreinheit vor dem Regeltakt übertragen. Dabei wurde der anstehende Regeltakt auf Basis der vorangegangenen Regeltaktzyklen prädiktiv bestimmt und die Übertragung des Positionswertes vor dem anstehenden Regeltakt ausgelöst, was in Bild 4 dargestellt ist. Anschließend wurde das Regelverfahren in einer unabhängigen Schleife mit einer Periodendauer von T0 (6,25 µs) umgesetzt.
Die FPGA-basierte Technologie erlaubt eine parallele Verarbeitung von Übertragungs- und Regelverfahren und ermöglichte dadurch eine Minimierung der Latenz innerhalb der FPGA-gestützten Positionsregelung auf etwa 3,9 µs (T2). Die Latenz konnte durch die Prädiktion des Regeltakts um den Faktor 1,8 reduziert werden.
Eine Messung von Positionsschwankungen mit der erweiterten Positionsregelung am Nanometerkomparator ist in Bild 5 dargestellt. Eine Positionsstabilität von 0,2 nm konnte durch den Einsatz des hybriden Antriebssystems erreicht werden. Zudem konnte die Position des 125 kg schweren, luftgelagerten Messschlittens in Schritten von 0,1 nm verändert werden. Die vorgestellte FPGA-gestützte Positionsregelung ermöglicht somit Positionierungen im Sub-Nanometerbereich über einen Bewegungsbereich von mehr als 500 mm. Das Regelungskonzept wurde dahingehend optimiert, dass eine minimale Latenz von weniger als 4 µs im Regelsystem verbleibt.
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