Parallele und priorisierte Testabläufe mit TestStand bei Programmierung und Funktionstest von „The Dash“

Dipl.- Ing. Christoph Honermann, Toptest GmbH

"Die Umstellung von rein sequenziellen Testabläufen zu weitestgehend parallelen Testabläufen konnte die Testzeit mit der Version 3.0 um 80 % reduzieren – eine sehr sinnvolle produktionstechnische Maßnahme."

- Dipl.- Ing. Christoph Honermann, Toptest GmbH

Die Aufgabe:

Entwicklung eines 12-fach-Test- und -Programmieradapters der Firma Toptest für „The Dash“ der Firma Bragi, einem drahtlosen, intelligenten Ohrhörer mit Kommunikations- und Sensortechnik

Die Lösung:

Für die Programmierung und die Basistests von „The Dash“ der Firma Bragi wurde ein Testadapter entwickelt, der zum einen eine große Wartbarkeit und zum anderen auch eine produktspezifische Optimierung der Testzeit zuließ.

Autor(en):

Dipl.- Ing. Christoph Honermann - Toptest GmbH

 

Diese Kundenlösung wurde im Tagungsband 2016 des Technologie- und Anwenderkongresses „Virtuelle Instrumente in der Praxis“ veröffentlicht.

 

Eingesetzte Produkte: LabVIEW, TestStand, IO-Modul USB-6509

Kurzfassung

Entwicklung eines 12-fach-Test- und -Programmieradapters der Firma Toptest für „The Dash“ der Firma Bragi, einem drahtlosen, intelligenten Ohrhörer mit Kommunikations- und Sensortechnik. Bei der ersten Version des Testadapters war nur ein rein sequenzielles Testen aufgrund von Abhängigkeiten der Tests untereinander möglich. Bei der Version 3.0 wurden die jetzt autonomen Tests in eine parallel ablaufende TestStand-Sequenz gebracht. Zudem wurden einzelne Sockets priorisiert, um die Hardware-Ressourcen optimal zu nutzen. Dieses ergab im Vergleich zur Ausgangssituation einen Zeitvorteil von 80 %.

 

 

Aufgabenstellung

„The Dash“ ist der weltweit erste drahtlose, intelligente Ohrhörer mit Kommunikations- und Sensortechnik. Er wurde von der Münchner Firma Bragi in den letzten vier Jahren entwickelt und kam Anfang 2016 auf den weltweiten Markt. Die gesamte Technik samt Akku befindet sich in einem Gehäuse, das kaum größer als ein Ohrhörer ist. Sein fester Halt im Ohr wird durch eine spezielle Konstruktion und eine größenanpassbare Bauform erreicht (Bild 1).

 

Die miniaturisierten Leiterplatten werden als 12er-Panel gefertigt und deren Prozessoren onboard programmiert. Anschließend werden wesentliche Basisfunktionen über verschiedene Schnittstellen getestet. Hierzu hatte die Firma Toptest in Zusammenarbeit mit der Firma ATX einen Testadapter entwickelt, der in der ersten Ausbaustufe ein sequenzielles Testen und Programmieren ermöglichte. Für die Anbindung der Programmiergeräte und -schnittstellen entwickelten wir eine Relaiskarte (Relay Board), welche mit dem IO-Modul USB-6509 von National Instruments angesteuert wird. Die Testsoftware wurde mit TestStand sowie durch Einbindung von LabVIEW-VIs und Python-Skripten realisiert. Für die Adaptierung des Prüflings wurde eigens ein Wireless-Nadelbett mit doppelseitigen Nadeln entwickelt. Die untere Nadelspitze trifft hierbei jeweils auf eine Durchkontaktierung der Relay Boards, die eine direkte Verbindung zum entsprechenden Relais hat. Dies hat den Vorteil der kürzeren Leitungen und der leichten Austauschbarkeit des Relay Board. Eine große Schwierigkeit bestand in der filigranen Beschaffenheit des Prüflings, da die Leiterplatten kaum Fläche für die notwendigen Niederhalter aufweisen (Bild 2).

 

Die Version 2.0 war eine Modifizierung der TestStand-Testsequenz, in der das sequenzielle Testen in ein teilweise paralleles Testen überführt wurde. Mit dieser Maßnahme konnte die Testzeit bereits um 50 % reduziert werden.

 

Die TestStand-Testsequenz verarbeitet auch produktspezifische Daten wie Binär-Dateien und Seriennummern, die von einem Server abgerufen werden können. Abgleichdaten vom adapterinternen Bluetooth-Sender/-Empfänger werden in den Datenspeicher des Prüflings kopiert. Während der Programmierung bzw. Prüfung werden keine Mess- oder Statuswerte angezeigt. Am Ende des Testdurchlaufs erfolgt eine optische Signalisierung über den Teststatus mit Angabe des Fehlercodes. Die „Result“-Daten werden zudem auf einen Server zur Effizienzanalyse übertragen.

 

Priorisierte Ablaufsteuerung beim parallelen Testsequenz-Modell

Zur Optimierung der Testzeit sind in der aktuellen Testadapter-Version 3.0 multiple Programmiergeräte und Schnittstellen verbaut, die ein paralleles Testen ermöglichen. TestStand lieferte hierfür die ideale Plattform zur Testzeitreduzierung. Hierfür wurde das adapterinterne Relay Board komplett neu aufgebaut, um weitere Hardware zu integrieren.

 

In V3.0 verwendete Schnittstellen und Spannungsversorgungen:

- 6 x SPI-Schnittstelle,
- 3 x JTAG-Programmer,
- 3 x USB-Schnittstellen,
- 3 x serielle Schnittstellen,
- 6 x 5-V-Spannungsquellen,
- 3 x 3,9-V-Spannungquellen,
- 2 x variable Spannungsquellen,
- 1 x Bluetooth-Sender/-Empfänger.

 

Der Weg von sequenziellen zu parallelen Testabläufen war dank TestStand relativ einfach zu realisieren. Allerdings fehlte eine Prioritätsmethode für den Zugriff auf die verwendete Hardware, die es ermöglicht, bestimmte Nutzen bei der Abarbeitung der Testschritte vorzuziehen. Dieses wurde erforderlich, da einer der Tests relativ viel Zeit in Anspruch nahm und die verfügbaren Hardware-Ressourcen optimal genutzt werden sollten (Bild 3).

 

Die angewendete Methode bestand darin, dass die einzelnen Testaufrufe in der Hauptsequenz gedoppelt wurden. Als „Precondition“ wurden dem ersten Testaufruf die priorisierten Sockets zugeordnet, beim zweiten die mit minderer Priorität. Somit wartete das Modell stets beim ersten Aufruf und erreichte den zweiten Aufruf erst nach Aktivierung des Sockets für den entsprechenden geloggten Test. Hierdurch konnte auf relativ einfache Weise der Zugriff auf die einzelnen Sockets weitestgehend gesteuert und der Testablauf weiter optimiert werden (Bild 4).

 

Die Test- und Programmierzeit konnte von der Version 1.0 zur Version 3.0 um 80 % reduziert werden.

 

Zusammenfassung

Für die Programmierung und die Basistests von „The Dash“ der Firma Bragi wurde ein Testadapter entwickelt, der zum einen eine große Wartbarkeit und zum anderen auch eine produktspezifische Optimierung der Testzeit zuließ. Verwendung fand ein Testadapter der Firma ATX GmbH, der ein eigens entwickeltes Relay Board zur Anbindung der Schnittstellen und Spannungsversorgungen an den Prüfling erhielt. Als zentrale Steuerungssoftware erwies sich TestStand als umfangreiches, zuverlässiges und übersichtliches Element in der Testkette. LabVIEW-VIs mit Zugriff auf die Hardware und zur Visualisierung der Ergebnisse konnten problemlos integriert werden. Die Umstellung von rein sequenziellen Testabläufen zu weitestgehend parallelen Testabläufen konnte die Testzeit mit der Version 3.0 um 80 % reduzieren – eine sehr sinnvolle produktionstechnische Maßnahme.

 

Informationen zum Autor:

Dipl.- Ing. Christoph Honermann
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Bild 2: Relay Board mit LEDs zur Signalisierung aktiver Relaisgruppen
Bild 3: Übersicht der prinzipiellen Schnittstellenverschaltung
Bild 4: Auszug aus der Ablaufstruktur der Hauptsequenz
Bild 1: The Dash